Heute, also vielmehr gestern war es endlich soweit, ich habe meine ersten zwei Planfilme vom Labor abgeholt. Oh man, ich war vielleicht aufgeregt, einerseits wie wohl die Negative aussehen würden und andererseits ob überhaupt was zu erkennen ist? Immerhin kann doch so einiges bereits bei der Aufnahme schief gehen. Allerdings war ich mir sicher, dass irgendetwas drauf sein musste, denn sonst hätte das Labor die Teile sicherlich nicht eingescannt und mich angerufen!
Kamera: Chamonix 045N-2 – Rodenstock Grandagon-N 75mm bei Blende 32 – Belichtungszeit 68 Sekunden – Kodak Portra 400 (konvertiert in S/W)
Ich konnte mich dennoch, bis ich zu Hause war, zusammenreißen und habe die Packung schließlich bei einem Käffchen geöffnet. Da kam es nun zum Vorschein – das größte Negativ was ich bis dato gesehen habe und ganz wichtig, selbst aufgenommen hatte. Es war etwas zu erkennen – Puh, Schwein gehabt. Der Film lag also schon mal richtig herum im Filmhalter. Wie einige von euch wissen, hatte ich auf einen Opferfilm fürs Film einlegen üben verzichtet, da dieser natürlich die 100 prozentige Zerstörung bedeutete. Dagegen hatte ich mit meiner Methode eine 50/50 Chance, dass ich den Film richtig eingelegt habe und bereits ein erstes brauchbares Ergebnis produzieren könnte.
Natürlich ist das nur die halbe Miete im gesamten Großformat – Aufnahmeprozess. Angefangen von der falschen Belichtungszeit über eine zu ungenaue Fokussierung bis hin zum Vergessen der richtigen Arbeitsblende sind hier sehr viele fotografische Stolpersteine zu bewältigen. Da stand ich also nun am Ufer des Ottawa Rivers mit Blick auf die Alexandra Bridge und dem kanadischen Parlament. Hier sollte also meine allererste Aufnahme mit der Dicken Berta (Chamonix 45N-2) entstehen. Ganz getreu meiner bisherigen Aufnahmen musste natürlich auch hier die Langzeitbelichtung herhalten, welche bei Filmmaterial noch zusätzliche Schwierigkeiten zu Tage fördert – die richtige Belichtungszeit, dazu später mehr. Die Ausläufer des Hurrikan Sandy waren auch hier in Kanada zu spüren, wenngleich sie sich nur durch starken Wind und grandiose Wolken zeigten. Um mir einen Eindruck des Bildausschnitts zu machen, habe ich erst mal den Sucher meiner Digicam benutzt. Hier zeigt sich wenigstens alles richtig herum. Yep, dass passt also! Nachdem ich nun die Analoge aufgebaut hatte wurde der Wind immer stärker, allerdings blieb mir nicht anderes übrig als weiterzumachen, denn die nahenen Regenwolken verhießen nichts Gutes.
Als externen Belichtungsmesser hab ich übrigens mein iPhone genutzt – ganz genau! Geholfen hat mir hier übrigens die App – Pinehole Assist, mit sich sogar verschiedene Zonen im Bild per Spot-Metering messen lassen. Ein richtige externer Belichtungsmesser ist sicherlich komfortabler und vielleicht auch genauer, allerdings mir im Moment zu teuer. Hinzu kommt außerdem, dass ich die ermittelte Belichtungszeit des Belichtungsmesser eh nicht für die Aufnahme verwenden kann. Sie dient nur der Grundlage zur Errechung der benötigten Belichtungszeit für die Aufnahme. Den Grund kennt ihr sicherlich – Der Schwarzschild-Effekt oder im englischen auch „loss of reciprocity“ genannt! Das bedeutet, dass bei sehr langen Verschlusszeiten die Lichtempfindlichkeit der Filmschicht abnimmt und man etliches an Belichtungszeit addieren muss, um auf eine richtige Belichtung zu kommen. Das fängt übrigens je nach Filmtyp bereits ab 1 Sekunde an.
Wieviel Zeit man addieren muss hängt zum einen von den sich veränderten Lichtverhältnissen während der Aufnahme ab und welchen Film man nutzt. In der Regel geben das Hersteller für ihre S/W Filme an. Das machen aber nicht alle und schon gar nicht bei Farbfilmen, so wie ich einen benutzt habe. Hier könnte es nämlich aufgrund der langen Belichtungszeit noch zu Farbverschiebungen kommen. Diese konnte ich aber bei meiner 68 Sekunden Aufnahme nicht feststellen. Bis 70 Sekunden bin ich also schon mal safe was die Farbverschiebungen beim Kodak Portra 400 angeht. Apropos Schwarzschild-Effekt, die Macher der Pinhole App haben für S/W Filme bereits diverse Listen für die korrekte Zeit bei Langzeitbelichtungen erstellt. Für mich noch ein Grund mehr die App zu nutzen, spare ich mir zuächst die blöde Rechnerei.
Die Ausgangsbelichtungszeit betrug inkl. der Nutzung eines Graufilters 15 Sekunden. Das wäre mit einer digitalen Kamera die optimale Belichtungszeit. Da ich den – in nenne ihn mal Schwarzschild-Faktor – nicht kenne, habe ich die Belichtungszeit vervierfacht und noch ein paar extra Sekunden drauf gegeben. So bin dann auf 68 Sekunden gekommen. Wenn ihr euch jetzt fragt, warum viermal und nicht zweimal oder fünfmal soviel Zeit. Nun, das habe ich sogar. Zur Sicherheit und zur Prüfung habe ich eine weitere Aufnahme mit nur zweifacher Belichtungszeit gemacht. Diese ist zwar auch noch OK, aber für meine Verhältniss zu dunkel. Allerdings war die Wahl 4x soviel Zeit zu nutzen nur eine Intuition, die mir allerdings letzten Endes recht geben sollte.
Wer sich jetzt fragt, warum ich keinen S/W Film genutzt habe oder warum ich die Aufnahme letzten Endes konvertiert habe. Nun, zum einen habe ich im Moment keinen und zum anderen zeigt sich Dynamik und Dramatik im Bild besser in Schwarz-weiß. Im Grunde ist es wie bei meinen digitalen Aufnahmen. Auch hier verwende ich nur die Farbversion, wenn die Aufnahme auch wirklich zur Farbe passt. Dennoch hat mir das gezeigt, dass ich mir auch ein paar S/W Filme besorgen sollte. Die sind nämlich sehr viel günstiger und haben je nach Lichtempfindlichkeit noch ein feineres Korn.
Die Filmentwicklung werde ich in Zukunft immer vom Labor machen lassen. Ich habe ehrlich gesagt keinen Bock mehr mit Wasser und Chemikalien herumzupanschen. Das überlasse ich anderen. Leider muss ich derzeit auch das Scannen anderen überlassen und dass ist hier sauteuer, so dass die obige Aufnahmen nach dem Scan gerade mal 20 Megepixel hat. Das ist natürlich viel zu wenig um aus dem 4×5 Negativ die tatsächliche Qualität herauszuholen. Dennoch war ich bei der Nachbearbeitung verwerwundert wieviele Rerserven, auch wenn es kein Hi-Res Scan war, hatte. Die erste Überlegung in Sachen Scanner ist für viele der Epson V700/V750, so auch für mich, da ein Hasselblad Scanner finanziell außer Reichweite ist und ich verlässliche Stimmen gehört habe, dass dieser Scanner einfach viel zu gut ist – was die Nachbearbeitung erheblich erschwert, da jeder noch so kleine Dreck/Kratzer usw… einscannt wird. Wie dem auch sei, dieser ist sowieso außer Reichweite, sodass ich mir darüber keine Gedanken machen muss. Allerdings werde ich auch keinen Epson Scanner kaufen, sondern den Microtek ArtixScan F2/M2. Der Vorteil dieser Scanner gegenüber dem Epson ist, dass der Microtek über die Möglichkeit verfügt glaslos einzuscannen. Das bedeutet, dass die optische Einheit direkt auf das die Oberfläche des Negativs trifft und es so zu keinem Schärfe/Qualitätsverlust und auch nicht zu den bekannten Newton-Ringen kommen kann, die Glasplatten mit sich bringen können. Außerdem verfügt er noch über einen Autofokuseinheit, die immer den korrrekten Abstand zum Negativ einhält. Sobald ich das Geräte habe, gibt mehr Infos.
So, dass war es erstmal von der analogen Großformatfotografie-Front. Bis zum nächsten Abenteuer dann… – Über Kommentare hier im Blog freue ich mich natürlich, auch wenn es schon zahlreiche auf Facebook gibt!
PS: Ich habe auch eine Vergleichsaufnahme mit meiner Nikon D800 gemacht, da es mich schon interessiert wie sich ein Großformatnegativ gegenüber einer digitalen 36 Megapixel Aufnahme verhält. Dieses Bild zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu zeigen, würde sowohl dem Großformat als auch der D800 nicht gerecht werden. Hier warte ich noch bis ich einen besseren Scan von Negativ habe. Eines möchte ich aber schon mal sagen, es natürlich ein Vergleich zwischen Äpfel und Birnen.
PSS: Da fällt mir gerade ein, dass ich ja noch etwas vergessen habe. Ein kleiner Fehler ist mir natürlich schon passiert und zwar offensichtlich beim Einlegen des Filmes in meiner Dunkelkammer. Diesen habe ich wohl nicht ganz bis zum Anschlag hineingeschoben, sodass eigentlich viel mehr Negativ und somit viel mehr Brücke für den Vordergrund drauf gewesen wäre. Aber egal, dass lässt sich verschmerzen. Das nächste Mal weiß ich dann Bescheid.
Update vom 11.11.2012:
Nach reiflicher Überlegung und ausgiebiger Recherche wird es nun doch der Epson V700. Warum nicht der 750 Pro? Ganz klar, der einzige Unterschied besteht nur im Software-Paket. Beim 750er ist SilverFast mit dabei. Es gibt aber viele Gründe warum man diese Software nicht braucht – daher wird es nun der V700 mit entsprechendem Anti-Newton Glas.
23 Kommentare
Geniales Foto! Hatte die gleichen Anfangsschwierigkeiten :-). Habe heute mal einen Adox belichtet, wird gleich entwickelt und bin schon gespannt.
BTW: Der EPSON Scanner besitzt einen (mehrere) Filmhalter. Es können keine Newton- Ringe entstehen.
Lg
christian gawlik
Danke Dir! Ein befreundeter Fotograf nutzt derzeit auch den Epson und hier und da sind mal ein paar Newtonringe aufgetreten. Der Hauptgrund für den Microtek ArtixScan ist für mich aber das glaslose Scannen!
Adox… Lese ich in letzter Zeit häufiger. Was ist an dem Film denn so besonders?
Adox ist der ehemalige Efke-Film. Er ist etwas kontrastreicher als z.b. ein
FP 4+. Die Grauwerte werden dann nicht all zu schleierig. Auch die Schwärzen werden besser hervor gehoben. Ist natürlich Geschmacksache. Auf jeden Fall ist er einer der billigsten Planfilme.
Allerdings ist er im Nasszustand empfindlicher für Kratzer. Im Netz steht Einiges über den Adox CHS 100. Gibt es auch für 25 und 50 ISO.
Ich muss allerdings selbst erst mal entwickeln, dann kann ich mehr sagen.
Lg
christian gawlik
Hallo Ronny,
ich verfolge Dein Abentuer Großformat schon länger und freue mich sehr über den Erfolg. Toll, dass Du uns daran teilhaben lässt. Leider gibt es nur bedingt Quellen zum hybriden Workflow. Analog Fotografieren digital Weiterverarbeiten ist ein Abenteuer und noch nicht besonders gut dokumentiert. Ich bin auf weitere Ergebnisse gespannt. Das Bild oben ist ein toller Erfolg und ich freue mich sehr, dass es geklappt hat. Der Vorteil eines CN gegenüber BW Negativen liegt meiner Meinung nach darin, dass es mehr Möglichkeiten für die digitale Weiterverarbeitung gibt. Spannend finde ich es allerdings, auf den Entwicklungsprozess Einfluss zu nehmen und die Bildcharakteristik bereits im Negativ zu steuern.
Viele Grüße und weiter so!
Sebastian
Ich werde definitiv den hybriden Workflow (passendes Wort) ansteuern, da ich in der anschließenden Bearbeitung viele Möglichkeiten sehe. Sobald ich den Scanner habe, werde ich berichten. Nur belichten, entwickeln und anschließend einen Print fertigen ist nichts für mich. Auf jeden Fall bietet Verwendung eines CN gerade für die Weiterverbeitung weitaus mehr Möglichkeiten – ist aber auch um einiges teurer, gerade was den Kauf der Farbfilme betrifft. Das Gute an Planfilmkassetten ist die Möglichkeit beides zu verwenden und nicht erst einen Film verknipsen zu müssen. So werde ich sehr wahrscheinlich vor Ort in Abhängigkeit der Lichtsituation entscheiden, ob sich Farbe oder besser Color für die jeweilige Aufnahme lohnt.
Das sind genau die Vorteile, die auch ich an dem hybriden Workflow schätze. Nun das Problem beim Scannen von CN ist die Umwandlung des Negatives in ein Positiv. Das sind einige Hürden. Ich befasse mich jetzt schon länger damit und bin über einige Hürden gestolpert. Allerdings kommt man genau so weiter. Momentan ist mein Arbeitsmittel eine MF Kamera. Damit bin ich auch schon zufrieden. Deine Berichte zum Großformat inspirieren mich aber sehr.
Welche MF nutzt du denn und planst du die Anschaffung einer GF-Kamera?
Mich würde das Großformat schon reizen, aber momentan scheue ich noch den Aufwand. Deine Beiträge haben mich schon dazu ermuntert, darüber erneut nachzudenken. Momentan arbeite ich mit einer Hasselblad 500 c/m. Damit bin ich schon ganz zufrieden. Immerhin ist sie sehr gut für Reisen geeignet. Die GF Kamera wäre was für zu Hause.
Nicht zwangsläufig, denn die GF wiegt grerade mal 1400gramm. Soweit ich weiß, die leichteste Fachkamera überhaubt!
Ja das stimmt natürlich. Davor würde ich mich ja gar nicht scheuen, aber die Problematik sind die Handgepäckscanner an den Flughäfen. Laut TSA Empfehlung ist eine Handinspektion bei Planfilmen ratsam. Meine Erfahrung ist, dass die machmal zu Problem führen kann.
Wie gesagt, die Ambitionen bleiben. Der finazielle Aufwand ist eben auch noch da. Eine GF kamera wäre aber ganz oben, weit vor einer neuen digitalen, auf meiner Wunschliste :hmm
Hallo Ronny,
wow, da macht das Lesen richtig Spaß und hier und da
wechsel ich gleich mal ins Wikipedia um meiner Unwissenheit
zu verringern. 🙂
Spannend, spannend was Du so machst…
Das Bild ist Klasse und ja auch ich bin nun gespannt auf
das Bild der 800er. 🙂
Grüße aus München,
Hannes
gratuliere, grandioses bild!
lg, uwe
Danke Dir Uwe….
Das Bild gefällt mir ausgesprochen gut. Deine geschätzte Belichtungszeit bringt den malerischen Aspekt der Wolken schön zur Geltung.
Eine Frage bleibt. Du fotografierst im Großformat und zusätzlich mit einer D800 (beides nicht wirklich günstig) und trotzdem ist ein externer Belichtungsmesser zu teuer?
Gute Belichtungsmesser kosten richtig Kohle…Naja, ehrlich gesagt will ich auch nicht so viel Zeug rumschleppen. Jede Einsparung kommt mir hier recht. Außerdem hat die Belichtungsmessung mit dem iPhone wunderbar funktioniert!! Mal sehen, wie lange es noch gut geht. Auch ich muss bei den Anschaffungen Prioritäten setzen und da hat erstmal ein Scanner vorrang. 🙂
Falls man bei Fototouren sowieso immer zweigleisig (digital/analog) unterwegs ist, könnte man auch die DigiCam als Belichtungsmesser nutzen, muss man sich allerdings vorab in irgendeiner Weise kalibrieren.
Bei Mittelformat kann man die Werte nahezu 1:1 übernehmen.
Ich bereite mich gerade aufs Großformat vor und dort ist die richtige Belichtung schon eine Herausforderung.
Vielleicht könntest Du ja hier im Blog mal einen kurzen Abriß über Dein Vorgehen erstellen. Die von Dir beschriebene App bietet zB. viele Parameter, auf Anhieb wüsste ich nicht wie man damit eine korrekte Belichtung ermittelt 🙂
Im Grunde ist Nutzung relativ easy. Verfügt quasi über eine Integral und Spot/Mittenbetont Messung. Aber klar, ich kann sie mal etwas ausführlicher vorstellen..
Tja, Das war doch ein hilfreicher Artikel. Das macht Lust auf mehr.
Dank für die Scannerempfehlung.
Und man ist doch im Vorteil, wenn man im letzten Jahrhundert einen Gossen erworben hat 😉
Gruß Dieter
Klar, wenn man schon einen Belichtungsmesser hat – umso besser. Was die Scanner Empfehlung betrifft, die nehme ich mal wieder zurück. Ich hab mich nach ausgiebiger Recherche nun doch für den Epson entschieden. Für dieses Teil besorge ich dann noch ein Anti-Newton Glas und dann passt die ganze Sache…
Klasse Bild! Sieht echt gut aus.
Danke Dir!
[…] auf Wasser, Chemie. Dieser Entwicklungsprozess schritt nun soweit voran, dass ich mir wieder eine analoge Kamera gekauft habe. Den ersten Planfilm hatte ich letztens entwickeln lassen und als ich das eingescannte […]
[…] allererste Großformataufnahme hab ich mit einem Portra 400 und einem ND-Filter gemacht. Diese anschießend aufgrund der bessere […]