Ich hatte bereits angekündigt die Aufnahmen der Nikon D800 mit dem 4×5 inch goßen Negativ meiner neuen Großformatkamera in Sachen Auflösung, Schärfe, Details und Bildwirkung zu vergleichen. Ich möchte an dieser Stelle vorwegnehmen, dass der Vergleich im Grunde kein Vergleich sein kann, denn sonst könnte man auch genauso gut Apfel mit Birnen vergleichen. Ich werde auch in den nächsten Zeilen nicht zu sehr in die technische Tiefe gehen. Wir können das aber gerne mit Hilfe der Kommentarfunktion gestalten – gezielte Fragen lassen sich so besser beantworten. Ach, und ja ich werde meine D800 behalten!
Ich glaube man sollte sich auch völlig von dem typischen Gedanken frei machen man könnte analoges Filmmaterial mit digitalen Aufnahmen in Sachen Megapixel, Auflösung usw. vergleichen. Es sind zwei komplett verschiedene Aufnahmemedien und so sollten sie auch betrachtet werden. Natürlich schwingt auch immer der Gedanke der Auflösung/Details im Raum, aber beide Medien lassen Vergrößerungen und Drucke zu, die weit ab von den typsichen 20x30cm Abzügen sind. Hinzu kommt außerdem, dass ein 4×5 Negativ-Scan seine völlige Auflösung nur mit Trommelscannern erreicht, dessen Anschaffung allerdings liegt fernab jeglicher finanziellen Preisvorstellungen. Je nach Anzahl der einzuscannenden Negative kann selbst ein Scanservice zu einem extremen Kostenfaktor werden. In der Realtität nutzen daher viele einen Flachbettscanner, wie den Epson V700 und ich sage, das reicht auch!
Ich habe versucht einen identischen Bildausschnitt beider Aufnahmen zu wählen. Das ist gar nicht mal so einfach, denn um an das 4×5 Format (was ziemlich geil ist…) heranzukommen, müsste man entweder zwei/drei digitale Aufnahmen der D800 zusammen basteln oder aber ein größeres Weitwinkel nehmen und hieraus den 4×5 Ausschnitt wählen. Beide Methoden haben Vor- und Nachteile. Vorteil bei Verwendung eines starken Weitwinkel ist, man benötigt nur eine Aufnahme. Nachteil, man verliert Auflösung beim anschließenden Beschnitt des Bildes. Vorteil der ersten Variante mit mehreren Aufnahmen ist, das man eine erhöhte Auflösung der Gesamtaufnahme erhält, aber eben doch einiges mehr in der Bearbeitung ins Bild investieren muss. Auch während der Aufnahme muss man einiges beachten. Ich wollte nicht ewig mit der Bildgestaltung verbringen, also kam für mich nur ersteres in Betracht, also die Verwendung des Weitwinkels mit einer einzigen Aufnahme. Letzten Endes hat die digitale Aufnahme durch den Anschnitt etwas mehr als 30 Megapixel – immer noch völlig ausreichend.
Ihr seht schon, dass die Aufnahmen im direkten Vergleich im Bildinhalt nicht 100 prozentig identisch sind. Das geht auch gar nicht, da ich bei der digitalen Kamera kein Tilt-Shift Objektiv habe, welches mir bereits bei der Aufnahme die stürzenden Linien entfernt. Durch den niedrigen Aufnahmestandort kommt es bei der Verwendung eines normalen Weitwinkelobjektivs immer zu stürzenden Linien, wenn die Kamera nach oben ausgerichtet wird. Ergo, muss ich es nachträglich in der Bearbeitung machen und hier kann es dann zur Proportionsverschiebung kommen siehe Brückenpfeiler. Die Fachkamera kann dagegen durch die Verstellwege des Balgens usw.. diese Sachen ausgleichen. Ehrlich gesagt ist das aber auch völlig wurscht, denn der Betrachter sieht eh nur das finale Bild und kann gar nicht wissen, ob der Pfeiler jetzt dicker oder dünner ist. Das 4×5 Negativ habe ich übrigens mit 24Bit und 3200dpi eingescannt und anschließend von 85 Megapixel bei 400MByte auf etwas über 45 Megapixel und 130MByte verkleinert. Der Grund der anschließenden Verkleinerung liegt darin, dass ich dadurch im späteren Verlauf der Bearbeitung eine bessere Schärfe erreiche. Sicherlich könnte man auch eine höhere dpi Zahl nutzen, allerdings bläht das nur die Aufnahmen in Sachen Megapixel auf und einen wirklichen Qualitätssprung zu 4800dpi oder gar 6400dpi konnte ich jetzt nicht feststellen. Die Datenmenge wird nur größer und ehrlich gesagt hab ich auf 1 Gig Dateien keine Lust. Da kann ich mir ja gleich ne Serverstation in die Wohnung stellen.
Die Schärfe beider Aufnahmen sind für sich genommen nicht zu beanstanden. Ich kann hier keinen Unterschied feststellen. Sowohl die D800 als auch das 4×5 Negativ liefern klasse Ergebnisse. Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass die digitale Aufnahme mit dem 16-35mm f4 Nikon Objektiv (Man ließt ja immer wieder, wie schlecht das Teil ist – ich kann mich aber nicht beschweren) und analoge Aufnahme mit einer 75mm Festbrennweite von Rodenstock (bekannt durch hervorragende Abbildungsleistung) aufgenommen wurde. Ja, ich muss zugeben, ich hätte ehrlich gedacht das Rodenstock-Objektiv würde in Sache Schärfe noch einen drauf legen – Ist aber nicht der Fall. Hier spielt natürlich auch noch die Filmkörnigkeit und die Scan-Auflösung eine Rolle. Während die digitale Aufnahme bei ISO 400 natürlich kein Helligkeitsrauschen aufweist, so zeichnet das sehr ferne Korn des Kodak Portra 400 die Flächen ein wenig unsauberer (ist vielleicht das falsche Wort mir fällt aber grad nichts besseres ein). Beim Film ist das ja normal. Ich denke ein 100er ISO Film wird hier nochmal um einiges besser sein. Die Kantenschärfe dagegen ist tadellos. Ich komme zu dem Schluss, die Schärfe beider Aufnahmmedien lässt sich nur bedingt vergleichen, sagt also in meine Augen nichts darüber aus, welche Medium die bessere Bildqualität bietet.
Kommen wir nun zu den Details im Bild. Nach dem ersten Scan vom Labor war ich ein wenig überrascht, vielleicht auch etwas enttäuscht, dass die Mehr-Details (die ich mir von einem Negativ erhofft habe) gegenüber dem digitalen Pendant nicht festzustellen war. Ist die D800 wirklich so gut wie ein Großformatnegativ? Nun, seit ein paar Tagen habe ich den Epson V700 und auch wenn ich ihn nicht mit einem Trommelscanner vergleichen kann, hatte ich doch ein kleines Wow-Erlebnis. Hier war er nun, auch wenn er sehr klein ist, – der Detail/Dynamik-Vorsprung gegenüber der digitalen Kamera. Nicht, dass ich ihn erzwingen wollte aber es ist eine Art Bestätigung, dass so sehr ich meine D800 auch schätze, sie nicht an ein Großformat-Negativ in Sachen Details/Dynamik heran kommt. Wohlgemerkt an dieser Stelle, der Scan mit einem Flachbettscanner! Mit einem Trommelscanner lässt sich natürlich noch einiges mehr rausholen. Auch muss man sagen, dass die Aufnahmen nacheinander aufgenommen wurden und daher die Lichtbedingungen unterschiedlich waren. Natürlich werde ich jetzt meine D800 deswegen nicht in die Tonne kloppen..
Auch wenn ich sowohl Auflösung,Qualität als auch die Schärfe beider Medien nur bedingt vergleichen kann,so gibt es noch einen weiteren Faktor, der für mich ebenfalls eine Rolle spielen. Die Bildwirkung beispielsweise? Ganz genau, es ist die Wirkung des Bildes auf den Betrachter, aber reicht das um sagen zu können 4×5 schlägt die D800 oder umgekehrt!? Ehrlich gesagt ich kann diese Frage nicht mit einem Ja oder Nein beantworten, denn dies muss jeder für sich selbst entscheiden. Für mich persönlich gewinnt die analoge Aufnahme die Bildwirkung, weil Sie in meinen Augen dreidimensionaler und authentischer wirkt. Mit dem Kontrastumfang hat das weniger zu tun. Hier würde ich glatt sagen, dass sich beide Medien nichts nehmen, auch wenn jetzt irgendwelche Rechenschieber behaupten das Negativ kann mehr. Wenns so ist, schön – mir egal. Die D800 schafft mehr als 14 Blendenstufen und das ist schon ne Hausnummer. Ich bin mir gar nicht sicher, ob das Negativ mehr kann. Bekanntermaßen verläuft die Verlaufskurve der Tonwerte des Negativs nicht liniar von Schwarz nach Weiß, sondern läuft dem jeweiligen Ende der Tonwertskala eher bogenförmig zu. Rechnet man diese auf das Zonensystem um, zeigt sich dies in der feineren Darstellung der Tonwerte in den Zonenwerten von 8-9 (nicht ganz reines Weiss) und 1-2 (nicht absolutes Schwarz). Diesen, ich drücke es mal vorsichtig aus, vermeintlichen Vorteil kommt nur in während der Bildbearbeitung zum Zug. Rein subjektiv war der Bearbeitungspielraum beim Negativ ein wenig höher. Damit meine ich die beispielsweise, dass die Regler für Helligkeit und Kontrast sich viel stärker verstellen ließen um den gewünschten Effekt auch beim digitalen Pendant zu erreichen.
Irgenwie kann man es wenden und drehen wie man will, aber gerade die Möglichkeiten der Bildbearbeitung relativieren meiner Meinung nach auch wieder die so tolle Tonwertkurve des Negativs, da ich in diese Werte eingreife und diese nach meinem Geschmack verändere. Schlussendlich kann ich als Betrachter den Unterschied in der Tonwertkurve zwischen Analog und Digital sowieso nicht sehen. Zuviel hab ich hier in der Bildbearbeitung eingriffen. Im Druck verhält sich das vielleicht wieder ganz anders und man sieht eventuell einen feinen Unterschied in den Lichtern und Schatten. Meine Erfahrungswerte halten sich hier aber in Grenzen, sodass ich hier keine Aussage treffen kann.
Mein Fazit ist also. Es gibt keinen Verlierer sondern nur zwei Gewinner. Was übrig bleibt ist die individuelle Wahrnehmung/Wirkung jedes Einzelnen auf das Bild – egal ob es sich dabei um ein digitales oder analoges Bild handelt. Vielleicht spielt beim Analogen auch noch der Gedanke der anfänglichen Fotografie mit – So wurden schon vor 100 Jahren Aufnahmen gemacht? Ich weiß es nicht. Was ich allerdings weiß ist, dass ich zukünftig beide Medien nutzen werde. Mal sehen ob sich früher oder später mehr eine Richtung ins Digitale oder Analoge abzeichnet. Eines ist aber sicher, wenn jemand von Euch mit den Gedanken spielt in Richtung analoge Fotografie zu gehen, dann wartet nicht allzulange damit. Es kann gut sein, auch wenn es nicht vollständig vom Markt verschwinden wird, das Filmmaterial immer schwerer zu bekommen sein wird. Günstiger wird es sicherlich auch nicht mehr. Fangt auch nicht mit dem 35mm Film an das wird euch nicht glücklich machen. Es sollte mindestens Mittelformat, wenn nicht Großformat sein. Erst hier zeigt sich der WOW-Effekt beim Betrachten der Bilder. Erst beim Großformat zeigt sich auch in Bezug auf eine D800 ein Unterschied. Das analoge Mittelformat steckt die locker weg.
Ich muss zugeben, ein wenig überrascht vom Ergebnis, wie gut doch die D800 bildqualitätstechnisch gegenüber so einem fetten Negativ abschneidet, war aber ich schon. Nach längerem Betrachten, bin ich aber überzeugt, dass sich gerade für meine (Stadt) Landschaften der analoge Brummer besser eignet. Hinzu kommt außerdem der Faktor „Hey, mit was für eine Kamera fotografierst du denn da….“ Ihr versteht sicherlich, was ich damit ausdrücken möchte. Zukünftig werde ich wohl noch ein wenig mit verschiedenen Filmtypen experimentieren müssen um das für mich richtige Wahl zum passenden Motiv zu finden.
Wer sich jetzt die Frage stellt, soll ich auch mit der analogen Fotografie, beispielsweise dem Großformat anfangen? Mein Antwort ist „Ja“, aber beachtet dabei, dass es zum einen zeitaufwendig ist und das Equipment in der Preislage einer erstklassigen Digitalkamera (inkl. Scanner) liegt. Ich werde in den nächsten Tage versuchen mein Großformat-Equipment in meine Fototasche aufzunehmen. Dort könnt ihr euch dann ein Bild vom Umfang machen, was für den Start benötigt wird.
Oh man, eigentlich mag ich gar nicht so lange Texte schreiben, geschweige denn lesen. Ich wollte es aber auch nicht in zwei Teile aufteilen…