Bin ich für Nachtaufaufnahmen unterwegs, darf mein Stativ nicht fehlen. Es liegt ja auf der Hand – verlängerte Belichtungszeiten erfordern nunmal ein Dreibein um verwacklungsfreie Bilder zu erreichen.
Für meine Architekturaufnahmen trifft das auch weiterhin zu, allerdings erwische ich mich hin und wieder auch ohne Stativ Nachts auf den Auslöser zu drücken. Weitwinkel, hohe ISO und eine große Blende machens möglich. Natürlich ist das nichts neues, aber die wenigsten nutzen diese Möglichkeit auch. Vielleicht ist das „ISO-Rauschen“ schuld daran – so, zumindest immer eine bekannte Ausrede. Vielleicht mag das auch für ältere Kameramodelle zutreffen, bei den Aktuellen allerdings greift dieses Argument in meinen Augen nicht mehr. Allem voran, wenn man die Bilder anschließend sowieso in S/W konvertieren möchte. ISO-Rauschen wird hier schnell zum Stilmittel.
Den großen Vorteil, den ich bei Nachtaufnahmen ohne den Einsatz einen Stativs sehen, ist auf Situationen schnell reagieren zu können ohne mich groß um den Aufbau kümmern zu müssen. Außerdem kann ein großes Stativ gerade bei Straßenszenen schnell störend auf Passanten wirken. Die fotografische Situation, oder besser gesagt die zuerwartenden Motive ändern sich schlagartig. Die meisten Menschen machen doch gleich einen großen Bogen, wenn vor ihnen ein Stativ auftaucht.
Seit ich die D800 nutze, sind so ohne die Verwendung eines Stativs ein paar Aufnahmen zustande gekommen. Das es nur so wenige sind, liegt daran, dass ich stark selektiere und sich auch nicht immer die Gelegenheit für diese Art der Aufnahmen bietet. Es muss auf jeden Fall genügend künstliches Licht vorhanden sein, ansonsten packe ich die Kamera gar nicht aus. Auch bearbeite ich nur ein RAW, wenn mir der Ausschnitt auch auf dem Kameradisplay gefällt, ansonsten lösche ich das Bild ganz. In ganz seltenen Fällen verbleibt es für „später“ auch mal im Fotoordner. Vielleicht geht mir so das eine oder andere gute Bild durch die Lappen – so what! Ich hab nunmal keinen Bock mich stundenlang durch X-Bilder zu wurschteln, die im Grunde das Gleiche zeigen.
Die nächtliche Urbane S/W Fotografie fasziniert mich im Moment stärker als die entsprechenden Szenen am Tag. Vorallem durch die Möglichkeit der Anzahl der Tonwerte in der gesamten Aufnahme. Hier macht es nichts, wenn die Laternen, Lichter oder Reklamen etwas überzeichnet werden. Da es keine großflächigen Bereiche gibt, wie beispielsweise bei einem bedeckten Himmel tagsüber, stört es den Betrachter weniger. Zudem lassen sich somit ganz weiße und ganz schwarze Werte darstellen, was der S/W Aufnahme zuträglicher ist, als eine graue Tonwertsuppe im Himmel. Das ist meine ganz persönliche Einschätzung und ihr mögt das vielleicht auch anders sehen.
Achja und alle hier gezeigten Aufnahmen kommen so nicht aus der Kamera. Das geht auch gar nicht, weil sich erst durch die Bildberabeitung ein gleichbleibender Bearbeitungsstil entwickelt. Zum Vergleich hab ich hier mal das eine oder andere Original hineingepackt. Durchschnittlich benötige für digitale Aufnahmen 45min. Es können auch manchmal bis zu 90 Minuten sein. Das ist aber eher selten. Zum Vergleich meiner analogen Aufnahmen hier benötig ich manchmal mehrere Stunden über 3 Tage verteilt, bis alles fertig ist. Hauptsächlich weil ich den Staub wegstempeln muss.
In der Regel verwende für diese Art der Nachtaufnahmen ISO 1000 – 2000 bei offener Blende mit dem 16-35mm von Nikon. Über die Schärfentiefe brauch ich mir keine Gedanken zu machen, denn bei Blende 4 und 16mm Brennweite ist sowieso alles scharf. Die Belichtungszeiten betragen zwischen 1/50 und 1/8 Sekunde. Dank Bildstabi und der richten Handhaltung ist das kein Problem.
Habt ihr euch schon mal an Nachtaufnahmen ohne Stativ versucht?
20 Kommentare
Etwas ähnliches hab ich gemacht – mit derselben Kombi wie du. Allerdings war es noch nicht ganz so dunkel, sodass ich etwas mehr abblenden musste, um den Effekt zu erzielen.
http://www.tafelzwerk.de/2013/04/06/bei-schnee-und-regen-durch-berlin/
http://www.flickr.com/photos/tafelzwerk/8447663856/
http://www.flickr.com/photos/tafelzwerk/8425909165/
Macht auf jeden Fall richtig viel Spaß und sollte ich unbedingt mal wieder machen!
Ja, das geht schon in die richtige Richtung. War, wie du schon selbst geschrieben hast, noch etwas zu hell.
Hallo Ronny,
das ist auch mal eine interessante Idee. Ich hab es noch nicht ausprobiert, werde es aber mal versuchen. Ich sehe den Vorteil vor allem da drin, das man auch Personen auf das Foto bekommt. Dadurch lebt die Szenerie ein wenig mehr.
Viele Grüße
Marcel
Toller Artikel. Danke.
Ich sollte einfach mehr von dir lesen, um mal wieder und dann öfter mit der DSLR auf Fototour zu gehen. Da kommt richtiges Verlangen auf … :-))
Hallo Ronny,
ich habe kürzlich sogar ein paar Portraitaufnahmen bei Dunkelheit gemacht und ich muss sagen, sie haben sehr viel Charme. Neben Leuchtreklamen, vor Schaufenstern, Straßenlicht etc. genug Licht herrscht, funktioniert das prima. Habe sogar meine D800 zu Hause gelassen und war nur mit der OMD unterwegs. Bei ISO 1600 geht das noch sehr gut mit dem Rauschen.
Danke für den Beitrag!
Viele Grüße
Liane
Hallo Ronny,
ich werde das mit deinen Einstellung mal am Wochenende in meiner Heimatstadt Fulda testen.
Zu Bild 1. hast du das weiße sehr gut herausgeholt. Wirkt besser als in Farbe.
Auch Bild 2. ist besser durch BW, da die Unschärfe bei den Personen nicht so zum Tragen kommt. Es wirkt besser.
Fazit: Der größte Teil von Aufnahmen wirkt in BW einfach besser.
Ja. Gerade jüngst im Januar in Berlin. Beide mit Olympus OM-D E-M1, 1/13 s, ISO 800:
http://www.kpk-photography.de/berlin_greenlight.html
http://www.kpk-photography.de/berlin_nightwalk.html
Ich muss sagen, ich bin echt beeindruckt von dem was du aus den Aufnahmen herausgeholt hast. Mir fällt auf, dass die s/w Bilder leicht dunkler sind als die Original Aufnahmen. Ich denke das wirkt sich ebenfalls positiv auf’s rauschen aus, als wenn du ein zu dunkles Bild aufhellen würdest.
Danke jedenfalls für die Anregung, ich werde das sicherlich mal ausprobieren!
Schöne Grüße
Deine Aufnahmen gefallen mir -wie immer sehr gut- Ronnie, nur meine ich, dass die knackige Schärfe bei diesen Bildern fehlt.
Schöne Grüße
volvox
Schärfe ist nicht alles… 🙂
Sehe ich auch so! Scharfe ist nicht alles. Immer Top Bilder!
Finde die Beispiele echt gut gewählt. Was eine kleine Bearbeitung ausmachen kann. Sind echt tolle Bilder geworden. -25-
Bin zum ersten Mal auf deinem Blog und muss sagen – Chapeau! 😉 Deine Fotos sind echt super. Da kommt schon etwas Neid auf. Also mir gefallen die Bilder der Stadt in S/W sehr gut. Ich finde, dass durch die Bewegungsunschärfe erst recht der Eindruck von einem dynamischen Nachtleben entsteht.
Gruß Torsten
Danke Dir 🙂
Deine Aufnahmen sehen klasse aus. Das leichte Rauschen hat für mich nix störendes. Wieso also nicht ohne Stativ fotografieren – genau! LG Matthias
[…] war noch so. Achja, ich fotografiere in der Nacht auch öfters mal ohne Stativ. […]
Hallo Ronny,
das NYC Police dept. Bild (Letztes) ist echt eins meiner absoluten Lieblingsbilder. Ich kann mich gar nicht satt sehen dran.
Grüße Richard
Hallo Richard, ist auch eines meiner persönlichen Favoriten 🙂
Wow, hier merkt man, dass jemand Ahnung vom Fotografieren hat. Die Zeit scheint auf Deinen Bildern stehen zu bleiben, Ronny.
Sehr schöne Bilder, dein Ansatz gefällt mir sehr. Die Bilder leben von den spontanen Momenten, nicht von perfekter Schärfe. LG Moritz